Worthy Park Special Cask: Sherry – Madeira – Port
Rum des Monats Januar 2019
Rum-Review • 1. Januar 2019
Worthy Park Estate: Tradition und Moderne in Jamaika
Die Rum-Nation der Stunde heißt Jamaika. Speziell im vergangenen Jahr machten zahlreiche Rums der karibischen Insel von sich reden. Dass sich der Fokus der Rum-Gemeinde in jüngster Zeit vermehrt auf Jamaika richtet, hängt (wie so häufig) nicht zuletzt mit Velier-Chef Luca Gargano zusammen. Nach dem Age of Velier‘s Demeraras, den Caroni-Entdeckungen und der Kooperation mit Foursquare lebte Luca zuletzt vermehrt seine Liebe zu Jamaika aus. Jüngere Velier-Veröffentlichungen wie die Hampden-Releases in verschiedenen Marks (z. B. der Velier Hampden 2010 LROK) oder die zuletzt erschienene Long Pond-Tetralogie belegen diese Entwicklung. Und auch auf die unter Hampdens eigenem Label erschienenen Abfüllungen hatte Velier in Kooperation mit LMDW einen entscheidenden Einfluss.
Neben all den Hampdens und Long Ponds sollte man jedoch eine weitere traditionsreiche jamaikanische Brennerei nicht außer Acht lassen: Worthy Park Estate. Bereits 1670 gegründet, wurde dort ab 1720 Zucker und seit 1741 auch Rum hergestellt. Damit ist Worthy Park Estate der älteste noch bestehende Rumproduzent Jamaikas. 1962 wurde die Rumproduktion aus politischen Gründen nach über zwei Jahrhunderten eingestellt und – glücklicherweise – nach mehr als 40 Jahren Unterbrechung im Jahr 2005 wieder aufgenommen. In den Jahren nach der Wiedereröffnung verkaufte man zunächst Bulk Rum und baute die eigene Marke Rum-Bar auf. Diese wurde mittlerweile mit vielen Preisen ausgezeichnet und bietet ein ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis. Parallel nutzte man die Zeit, um den noch jungen Rum auf dem eigenen Anwesen zu lagern, sodass zuletzt auch zunehmend fassgereifte Abfüllungen mit Altersangabe auf den Markt kamen. Diese erscheinen sowohl unter dem eigenen Label Worthy Park Single Estate Reserve als auch bei unabhängigen Abfüllern wie Velier oder Rum Nation.
Worthy Park destilliert ausschließlich mit Pot-Still-Anlagen und verzichtet auf jegliche Zusätze. Alle Schritte der Rumproduktion – Anbau des Zuckerrohrs, Herstellung der Melasse, Fermentation, Destillation, Fassreifung, Blending und Abfüllung – erfolgen vor Ort unter eigener Kontrolle (Single Estate Rum). Das Unternehmen ist vollständig in jamaikanischer Hand und von seinen Anfängen bis zum heutigen Tag familiengeführt. Die derzeitigen Inhaberfamilie Clarke übernahm Worthy Park im Jahr 1918 und ist erst der dritte Eigentümer seit der Gründung. Wer mehr über Worthy Park erfahren möchte, sei auf unser Interview mit Alexander Kong und einen ausführlichen Beitrag auf Rum Diaries verwiesen.
Worthy Park Cask Series
Unser Rum des Monats im Januar 2019 ist eigentlich ein Trio und besteht aus dem Worthy Park Special Cask Sherry, dem Worthy Park Special Cask Madeira und dem Worthy Park Special Cask Port. Die Besonderheit dieser limitierten Abfüllungen aus der Cask Selection Series ist ein Double Maturation-Verfahren. Dabei fand zunächst eine mehrjährige tropische Reifung in Jamaika statt, an die sich eine einjährige kontinentale Reifung in Dänemark bei den Partnern von 1423 anschloss – jeweils einem speziellen Fass. Diese doppelte Reifung in unterschiedlichen Klimazonen sorgt für ein deutliches Mehr an Aromatik und Komplexität. Spannend ist dabei vor allem die Frage, wie der Worthy Park-Grundcharakter mit den unterschiedlichen Süßweinen interagiert.
Die Grunddaten der drei Abfüllungen lauten:
Worthy Park Special Cask Sherry
- Alkoholgehalt: 57 %
- 1.148 Flaschen
- Reifung: 4 Jahre in Ex-Bourbon-Fässern in Jamaika, anschließend 1 Jahr in einem Ex-PX-Fass und einem Ex-Oloroso-Fass in Dänemark; am Ende wurden die beiden Fässer zu einem Blend vermählt
Worthy Park Special Cask Madeira
- Alkoholgehalt: 58 %
- 677 Flaschen
- Reifung: 4 Jahre in Ex-Bourbon-Fässern in Jamaika, anschließend 1 Jahr in einem Ex-Madeira-Fass in Dänemark
Worthy Park Special Cask Port
- Alkoholgehalt: 56 %
- 585 Flaschen
- Reifung: 9 Jahre in Ex-Bourbon-Fässern in Jamaika, anschließend 1 Jahr in einem Ex-Portwein-Fass in Dänemark
Von der Sherry-Variante gibt es etwa doppelt so viele Flaschen wie von den beiden anderen Abfüllungen, da hier zwei verschiedene Sherry-Fässer befüllt und anschließend vermählt wurden. Der Worthy Park Special Cask Port hat eine doppelt so lange Reifezeit wie die beiden anderen Varianten. So viel zu den Fakten– nun zum Tasting.
Tasting
Worthy Park Special Cask Sherry
In der Nase macht sich ein schönes Sherry-Aroma mit Rosinen, Leder und Pflaumen bemerkbar. Der Holzeinfluss ist präsent und gut eingebunden. Darunter finden sich die für Worthy Park typischen Noten von Banane, aber auch Radiergummi, Olive und schwarzer Tee. Insgesamt eine sehr gut abgestimmte Balance aus pfeffriger Würze und Trockenfrüchten.
Am Gaumen dominieren zunächst süße Trockenfrüchte, vor allem Rosinen. Dazu herbe Aromen von dunklem Kakao und Eiche, aber auch eine feine Note von Anis und Kräuterbonbons. Sehr rund mit einem gegen Ende zunehmenden Tannin-Einsatz. Das Finish setzt mit einer wärmenden Pfefferschärfe ein, ehe es lange mit Eichennoten und einer zartbitteren Note ausklingt. Insgesamt ein schön ausbalancierter Rum, bei dem sich die beiden Reifungsarten harmonisch ergänzen.
Worthy Park Special Cask Madeira
Gegenüber der Sherry-Variante fällt in der Nase eine leicht stechende Alkoholnote auf. Zunächst überwiegen Fruchtnoten von getrockneten Aprikosen, Datteln und Feigen. Dazu gesellen sich Aromen von Eiche, Vanille, Marzipan, Mandel und Zimt. Insgesamt kommt der Süßwein recht stark durch und überdeckt den Grundcharakter des Rums.
Im Mund dominiert die Süße des Madeira-Fasses, ergänzt durch Noten von Banane, Zimt und Mandel. Das Bourbon-Fass ist stark präsent. Dazu Cayenne-Pfeffer und – etwas zu viele – Gerbstoffe. Das Finish ist lang mit Eichennoten und so tanninlastig, dass ein geradezu pelziges Mundgefühl entsteht.
In der Nase eine saubere und intensive Fruchtnote, die an eine Mischung aus saftigen roten Äpfeln und Pflaumenmus erinnert. Dazu eine gut eingebundene Eichenwürze, Candy-Aroma, Vanille, Banane, Backgewürze (Piment) und frisches Heu. Ein wunderschönes Bouquet, an dem man lange riechen kann. Hier ging die doppelte Reifung voll auf.
Am Gaumen treten die Bananenaromen deutlicher hervor. Dazu weitere Fruchtnoten (Pflaume) und Karamell, dann Eichenwürze und eine angenehme Schärfe. Insgesamt sehr rund und harmonisch. Das Finish ist lang und gut ausbalanciert mit einem Wechselspiel zwischen Eiche und Frucht (v. a. Banane).
Fazit: Jamaika + Dänemark = 3 x großartiger Rum!
Als Fazit lässt sich für alle drei Abfüllungen festhalten, dass die zusätzliche Reifung in den Süßweinfässern einen spürbaren Einfluss hinterlassen hat und das Worthy-Park-Aromaprofil deutlich erweitert. Alle drei Varianten sind spannend und grundsätzlich empfehlenswert. Allerdings haben wir eine klare Präferenz: Die Goldmedaille geht an den wunderbaren Port Cask, der am längsten reifen durfte (und auch am meisten kostet). Hier sind die beiden Reifungsarten eine perfekte Symbiose eingegangen, hier gibt es Tiefe und ein herrliches Aromen-Potpourri. Ganz klar unser Favorit!
Auf dem zweiten Platz folgt der Sherry Cask, bei dem die Double Maturation zu einer schönen Fruchtigkeit und Süße geführt hat. Gerade für Fans von Sherry-Cask-Whisky wie Macallan oder Glenfarclas eine Empfehlung. Bronze erhält der Madeira Cask, bei dem die Double Maturation nicht ganz so optimal geglückt ist. Auch hier erfreuen feine Süßwein-Noten, allerdings sind diese nicht so rund eingebunden wie bei den beiden anderen Vertretern. Im direkten Vergleich stehen die beiden Fasseinflüsse etwas unverbunden nebeneinander, ist der Madeira-Einfluss zu dominant. Allerdings ist das Jammern auf ziemlich hohem Niveau.
Die Worthy Park Cask Selection Series bietet ebenso komplexe wie schmackhafte Rums mit einem faszinierenden Aromaspektrum – ohne Zusätze oder Tricksereien. Da die Zahl der Abfüllungen stark limitiert ist, sollte man schnell zugreifen.
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