Compagnie des Indes Oktoberum
Rum des Monats September 2018
Rum-Review • 1. September 2018
Ozapft is!
Der Herbst naht, und mit ihm eine Bierorgie im Süden Deutschlands, die jedes Jahr ca. sechs Millionen durstige Menschen aus aller Welt anlockt. Doch was hat das Oktoberfest (oder wie man in Bayern sagt: die Wiesn) mit Rum zu tun? Im Falle unseres Rums des Monats eine Menge, denn es handelt sich um den Oktoberum von Compagnie des Indes. Schon das Äußere der Flasche macht einen Bezug zum Oktoberfest deutlich: Auf dem Etikett ist eine fesche Frau im Dirndl vor weiß-blauen Rauten abgebildet, die allerdings – anders als die Bedienungen im Bierzelt – statt einem Dutzend Maßkrügen nur ein bescheidenes Gläschen Rum in der Hand hält. Darunter liest man: „Affinage en fût ayant contenu de la bière“. Soweit das Französisch reicht, hatte der Rum also Kontakt mit einem ehemaligen Bierfass. Und was liegt da näher, als einen solchen Rum im September– pünktlich zum Beginn der Wiesn – als Rum des Monats vorzustellen?
Compagnie des Indes
Compagnie des Indes (CDI) ist ein relativ junger unabhängiger Abfüller aus Frankreich, der bereits ein beachtliches Rum-Portfolio vorweisen kann. Gegründet wurde CDI im Jahr 2014 von Florent Beuchet. Seine Familie stammt aus dem Burgund und blickt auf eine lange Tradition im Weinhandel zurück. Zudem besitzt Florents Vater eine Absinth-Destillerie. CDI füllt Rum aus unterschiedlichen Herkunftsländern ab und macht dabei auch Produkte weniger bekannte Destillerien zugänglich. Highlight des Portfolios sind die limitierten Single Cask-Abfüllungen, die die weltweite Vielfalt an Rum-Stilen authentisch zum Ausdruck bringen. Ähnlich wie bei Velier weisen die Single Cask-Labels ein hohes Maß an Transparenz auf und enthalten Informationen zu Herkunftsland, Alter, Destillerie, Alkoholgehalt, Flaschennummer sowie Angaben zur Reifung (Fassart, Dauer etc.). Unter den Abfüllungen finden sich klassische Rumländer wie Guyana, Barbados oder Jamaika, aber auch exotische Vertreter wie Indonesien oder Fiji. Bei den Single Cask-Rums werden weder Zucker noch sonstige Zusätze zugegeben; nur die Blends, die sich an Einsteiger richten, enthalten eine geringe Menge an Zucker.
Oktoberum: Jamaica meets Bavaria meets France
Die Grundlage des Oktoberums hat ihren Ursprung rund 10.000 Kilometer von Bayern entfernt. Es handelt sich einen fünf Jahre alten Blend verschiedener Jamaika-Rums, der in besonderen Fässern nachgereift wurde. In diesen Fässern lagerte zunächst fünf Jahre lang französischer Süßwein, danach sieben Jahre lang französischer Whisky und schließlich drei Jahre lang Bier. Nicht irgendein Bier, sondern Barley Wine, eine intensive und hochprozentige Ale-Variante, wie man sie aus dem Craft Beer-Bereich kennt. Nach Angaben von Florent Beuchet hatte das Bier einen Alkoholgehalt von 12 % und war besonders fruchtig. Somit hat der Rum eine ungewöhnliche Reifungshistorie hinter. Er wird mit einem Alkoholgehalt von 46% abgefüllt.
Tasting
Was sich auf dem Etikett spannend liest, muss sich natürlich auch im Glas bewähren. In der Nase bemerkt man zunächst fruchtige Birnen-Aromen und florale Töne. Dann kommt der Einfluss des Bierfasses deutlich zum Vorschein: Malz-, Getreide- und Hefenoten lassen Assoziationen zu Whisky entstehen. Neben diesen Bier-spezifischen Aromen fällt eine würzige Waldhonigsüße auf, die in Bienenwachs übergeht. Dazu grüne Paprika. Interessanterweise fehlen die klassischen Jamaika-Attribute (Ester), obwohl es sich im Kern um einen Jamaika-Rum handelt. Das Fass hatte also nachhaltigen Einfluss auf das Endprodukt.
Im Mund setzen sich die Whisky-Assoziationen fort, die Bier- und Getreide-Noten sind deutlich präsent. Auch das Bienenwachs-Aroma breitet sich angenehm aus. Süße und Fruchtaromen treten im Vergleich zur Nase in den Hintergrund, der Rum ist eindeutig trocken. Das Finish ist intensiv und langanhaltend mit angenehm bitter-hopfigen Noten und ein wenig Kaffee.
Fazit: Eine Jamaika-Koalition der anderen Art
Der Oktoberum von Compagnie des Indes ist anders als Rum-Mainstream – und das gefällt mir außerordentlich gut. Meiner Meinung nach könnte es gerne noch mehr Experimente dieser Art geben. Alexandre Gabriel von Plantation hat in dieser Hinsicht Pionierarbeit geleistet, Florent Beuchet folgt ihm auf diesem Pfad – allerdings auf eine etwas andere Art und ohne „Dosage“, der bei Plantation üblichen Zugabe von Zucker. Egal, welcher Variante man den Vorzug gibt – zweifellos hat man in Frankreich ein Händchen für die Veredelung von Spirituosen durch kreatives Finishing. Der Oktoberum stellt ein geglücktes Beispiel für derartige Experimente dar und erfreut durch sein außergewöhnliches Aroma. Doch nicht nur Rum-Freund*innen, auch Fans von Bier oder Whisky können hier auf ihre Kosten kommen. Der Oktoberum ist eine Jamaika-Koalition der anderen Art – nicht brachial wie ein Besuch im Bierzelt, sondern elegant, subtil und fein abgestimmt. Ozapft is, Mesdames et Messieurs!
Rum-Score: 86/100
Compagnie des Indes Oktoberum
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